Alexandra Schneider

Alles eine Frage des Formats? Der Schmalfilm als Kompressionsformat – eine medienarchäologische Perspektive

Das Format lässt sich als Scharnierbegriff verstehen, der hilft Unterschiede und Kontinuitäten zwischen medialen Konfiguration und Praktiken genauer in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus werden mithilfe des Formats Phänomene sichtbar, die insbesondere in der Filmwissenschaft bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben: Fragen der Distribution bzw. Zirkulation, der Operabilität, Kompatibilität und Kompression und auch der Standardisierung, also Fragen nach der kulturellen Bedeutung von Recht und Ökonomie in vergangenen und gegenwärtigen Filmkulturen.
Meine Beitrag widmet sich der kulturellen, sozialen und ökonomischen Praxis der Filmdistribution, die mit der Standardisierung des Filmformats 1909 beginnt, als der Filmkongress 1909 in Paris endgültig sicherstellte, dass alle Filme auch auf allen Projektoren gezeigt werden konnten, indem man sich auf das 35mm-Format einigte. Kurz danach beginnt auch die Geschichte der Schmalfilmformate, die mit dem Ende des analogen Filmmaterials nicht endet, sondern seit den 70er Jahren zunächst von Heimvideo-Formaten und heute mit portablen Kompressionsformaten weitergeschrieben wird. Am Beispiel der sogenannten Reduktionskopie werde ich zur Diskussion stellen, was es mit der behaupteten Kontinuität von Schmalfilm und Kompressionsformat auf sich hat und welche Einsichten sich daraus für die Film- und Medienwissenschaft gewinnen lassen.
Ein Reduktionsprint ist eine optische Kopie von einem “größeren” Filmformat auf ein “kleineres” Format (z.B. von 35mm auf 16mm). Doch inwiefern können Schmalfilmformate und Reduktionsprints als Teil einer längeren Geschichte von Kompressionsformaten verstanden werden?
Die Möglichkeit Information zu komprimieren stellt einen beispielsweise einen zentralen Parameter fürKonnektivität dar: Die Kompression ermöglicht die weite Zirkulation von audiovisuellen Objekten wie auch die tägliche Praxis der Konnektivität wie die Mobiltelefonie. So wie zeitgenössische Kompressionsformate so haben auch Schmalfilmformate bzw. Reduktionsprints historisch einen wesentlichen Beitrag zur Zirkulation von Filmen geleistet – in Schulen, zu Hause oder in alternativen Kinoräumen. Wie Erika Balsom unlängst gezeigt hat, wurden Reduktionsprints etwa von experimentellen Filmschaffenden als alternatives Distributionsmodell genutzt. Aber abgesehen von Erika Balsoms Untersuchungen im Kontext der Avantgarde und des Experimentalfilms, existieren bis dato kaum Forschungen zum Phänomen Reduktionskopie, dies gilt selbst für die Gebrauchsfilmforschung und das non-theatrical movie. Noch gibt es etwa keine Firmengeschichten von den einschlägigen Produktionshäusern von Reproduktionprints; noch wissen wir kaum etwas darüber, wie viele und welche Filme in welchen Zeiträumen und mit welcher geografischen Ausbreitung auf diese Weise im Umlauf waren. Dass es aber viele waren, lässt sich aus dem Material erahnen, welches bis heute erhalten ist: etwa die unzähligen Super-8 Versionen von Spielfilmen, die auf dem digitalen Flohmarkt ebay angeboten werden, aber auch die vielen Reduktionskopien, die in fast jedem Filmarchiv in großer Anzahl lagern.